Im wahrsten Sinne des Wortes so alt wie die Menschheit selbst, doch immer wieder gern ignoriert: der zwischenmenschliche Austausch.
Ratgeber, in denen aufgezeigt wird, wie wir am besten miteinander umgehen sollten, gibt’s wie Sand am Meer. Und die meisten von uns sind der Meinung, Kommunikation im Ganzen wie im Einzelnen recht gut zu beherrschen. Auch wenn dies zutreffen mag, müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass Kommunikation kein Punkt auf einer Strichliste ist, der einmalig als erledigt abgehakt werden kann, sondern einen lebenslangen Lern- und Erfahrungs-Prozess darstellt. Mit anderen Worten, auch der erfahrenste Kommunikator ist nur so effektiv, wie sein letzter „Auftritt“.
Gemeinschaft erzeugen kostet Zeit und Energie. Diese Investition ist uns im stressigen Alltag schnell zu viel, wodurch wir – oft ohne es zu merken – anfangen, auf Empathie und Freundlichkeit zu verzichten. Und dann wundern wir uns, dass die anderen „total unfreundlich“ sind.
Ein Mensch kann nicht mehr oder weniger wert sein, als ein anderer. Zwar be-, oder verurteilen wir oft unüberlegt das Verhalten eines Individuums, doch an seinem Existenzrecht, das mit der menschlichen Würde einhergeht, ändert dies nichts. Dennoch maßen wir uns – meist unbewusst – an, uns über unser Umfeld zu erheben, indem wir im Geiste auf vermeintlich weniger besondere Personen herabschauen.
Mit dieser Vorgehensweise versuchen wir, das eigene Gefühl der ebenfalls fiktiven Minderwertigkeit zu kompensieren. Das Ergebnis ist oft unsoziales Benehmen, mit dem wir keine Freunde gewinnen, sondern uns – im Gegenteil – immer weiter von ihnen entfernen. Zum Schluss sind wir in unserer selbsternannten Göttlichkeit mutterseelenallein.
Alle reden von Veränderung, Change und dem dazugehörenden Management. Doch schmeckt uns, individuellen, stark ego-geleiteten Menschen eine Umwandlung oft überhaupt nicht. Am liebsten würden wir beim Alten bleiben.
Auch wenn wir uns innerlich dagegen wehren: Alles ist im Fluss; Panta rei. Somit besteht die eigentliche Herausforderung aus dem Reduzieren blinder Flecken und der schonungslosen Überlegung, was geschehen muss, um vorab formulierte, gemeinschaftsstärkende Ziele zu erreichen.
Seit ewigen Zeiten lockt die Ferne mit dem Versprechen, das alte Leben hinter sich lassen und ein komplett neues aufbauen zu können. Einfach abhauen, am besten nach Kanada, Australien, oder Paraguay. Ohne Sorgen und mit allen Möglichkeiten der beruflichen und persönlichen Entfaltung von vorn beginnen. Für viele bleibt diese Idee ein Traum. Und diejenigen, die den Mut haben, ihn umzusetzen, kommen schnell zu dem Schluss, dass sie einer Illusion hinterhergerannt sind.
Denn was genau wollen wir bei einem Neuanfang hinter uns lassen? Alles Nervende, Schwierige, oder Langweilige, von dem wir uns gequält fühlten. Der Clou an dieser Sache ist allerdings, dass nicht unser Umfeld uns quälte, sondern wir selbst unsere Negativgefühle erzeugten.
Der Welt im Ganzen ist es reichlich egal, was mit einem individuellen Menschen geschieht. Ob er glücklich oder unglücklich ist, kratzt erstaunlich wenige. Diese Erkenntnis führt zur Überlegung, ob nicht jede einzelne Person selbst für ihre Gefühle verantwortlich ist. Und wenn dem so sei, ob vielleicht das Individuum unweigerlich verantwortlich ist für die Beeinflussung seines Umfelds…
Wenn uns andere etwas sagen, so interpretieren wir die Nachricht auf eine solche Weise, dass sie uns “in den Kram” passt. Anders ausgedrückt: Wir hören, was wir hören wollen. Und zwar aus einem entscheidenden Grund: Ordnen wir die Aussage eines Mitmenschen als Bestätigung unserer eigenen Prinzipien, (Vor)Urteile, Ideen oder Wünsche ein, bleibt die von uns selbst im Geiste geschaffene Welt intakt.
Dieser Prozess ist das eigentliche Heile-Welt-Denken, mit welchem wir alle uns etwas vorgaukeln. Die einen mehr, die anderen weniger.
Der Begriff „Resilienz“ ist in aller Munde. Kurz und knapp zu beschreiben, was es mit diesem Zauberwort auf sich hat, ist jedoch gar nicht so einfach. Oft wird gedacht, es hätte etwas mit Widerstandskraft zu tun. Und tatsächlich spielt diese eine wichtige Rolle. Doch nicht, indem jemand nach einem sprichwörtlichen Schlag ins Gesicht gleich wieder aufsteht und so tut, als wäre nichts gewesen.
Vielmehr steht Resilienz für die Fähigkeit, das eigene Denken, Fühlen und Handeln kritisch zu hinterfragen, sich bei egozentrischem und damit gemeinschaftsschädlichem Verhalten zu ertappen und in zukünftigen, vergleichbaren Situationen anders zu handeln, als man es bisher immer getan hat. Auch, wenn das so entstehende neue Ich sich zunächst noch fremd anfühlt.
Wir wollen uns gut fühlen. Um dieses Verlangen zu Geld zu machen, wird uns von Werbetreibenden über sämtliche Medienkanäle eingeredet, dass wir uns einzig und allein darum kümmern sollten, genau das zu besorgen, was uns gerade in den Sinn kommt.
Laut Werbung führt nimmersattes Habenwollen zu wahrem Glück. Und so verputzen wir den nächsten Schokoriegel, kaufen einen neuen Pkw, obwohl der alte noch in Schuss ist und benutzen angeblich noch tiefer reinigendes Waschmittel. Kurzfristig kann so tatsächlich eine Lust befriedigt werden. Doch führt dies zu langfristiger, innerer Ausgeglichenheit und Ruhe?
Wo Konflikte entstehen, herrschen Meinungsunterschiede. Welche dies genau sind und ob eine der Seiten „recht“ hat, tut in dieser Analyse des Prozesses nichts zur Sache. Wichtig ist, zu verstehen, dass mindestens eine der involvierten Parteien nicht mit dem Status quo einverstanden ist. Sie möchte eine Veränderung herbeiführen, welche wiederum nicht im Sinne der Gegenseite ist.
Lesen wir die obige Beschreibung von hinten nach vorne, so erkennen wir, dass Veränderungen erforderlich sind, um (offene) Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen. Und Veränderungen beginnen mit Kommunikation, für die wiederum proaktiv Raum und Zeit geschaffen werden muss.
Nicht nur Vorgesetzte, auch Mitarbeitende selbst stehen in der Verantwortung, sich gerade über ihre Gefühle des Unmuts auf nicht-verletzende, konstruktive Weise mit ihrem (beruflichen) Umfeld auszutauschen. Noch immer wird dieser Aspekt jedoch oft vernachlässigt und als Teil nur bedingt relevanter „Softskills“ abgetan.
Angst zu empfinden, ist etwas Natürliches. Sie hält uns in entscheidenden Momenten wach und kann uns das Leben retten. Gleichzeitig erzählt sie uns viel über unser Seelenleben. Bedingung dafür ist, dass wir zuhören und hinsehen wollen. Meist mangelt es an diesem Willen, denn was zu sehen ist, kann höchst unangenehm sein.
Sind wir einmal mutig und analysieren die eigene Psyche, so müssen wir feststellen, dass erstaunlich viele Alltagssituationen von dem Gefühl begleitet werden, sich etwas im Grunde nicht zuzutrauen. Dem Arbeitskollegen mal widersprechen, der Partnerin wahre Liebe bekunden, oder die Vorgesetzte um eine längst fällige Gehaltserhöhung bitten. Pläne schmieden wir seit langem, doch wenn es auf deren Ausführung ankommt, lässt die Angst uns vor der Tat zurückschrecken. Anschließend denkt sich unser Ego eine Ausrede für die Lethargie aus.
Geht es denn auch anders? Ja. Mit schonungsloser Reflexion.
Vieles lässt sich im Alleingang gut erledigen. Dennoch ist grundsätzlich die Gruppe unschlagbar. Auch ohne sich intensiv mit der Soziologie auseinandergesetzt zu haben, lässt sich leicht nachvollziehen, dass mehrere Köpfe und Hände mehr bewirken, schneller arbeiten und insgesamt kreativer sein können, als ein einzelner Mensch.
Sich nicht von Ehrgeiz und Stolz führen zu lassen, bedeutet unter anderem, einzusehen, dass Rambo längst ausgedient hat, bzw. aus gemeinschaftlicher Sicht von vornherein zum Scheitern verurteilt war.
Natürlich bringt die Kooperation ganz eigene Schwierigkeiten mit sich. Und es existiert eine ganze Reihe von Gründen, weshalb Zusammenarbeit im Desaster enden kann. Dies ändert jedoch nichts an der naturgegebenen Tatsache, dass ein Mensch für die Befriedigung seiner Bedürfnisse auf andere angewiesen ist. Gemeinschaft ist somit kein Luxus, den sich Realitätsferne, Abgehobene leisten, sondern für jede Person die erste Notwendigkeit schlechthin.
Befehle zu erteilen, ist leicht und fühlt sich für viele Menschen herrlich an. Mit offizieller Positionsmacht und selbst erarbeiteter Überheblichkeit ausgestattet, lässt es sich besonders gut herumkommandieren. Führungskräfte, die auf diese Weise vorgehen, sind aus nachvollziehbaren Gründen bei ihren Mitarbeitenden nicht sonderlich beliebt.
Wer das Sagen haben und halten will, ist vom Wohlwollen des Umfelds abhängig. Wahre Macht kann, genauso wie Liebe, nicht genommen, sondern nur gegeben und erhalten werden. Wer von Teammitgliedern Spitzenleistungen erwartet, muss mit Menschen umgehen können. Hat sich eine Person diese Fähigkeit nicht angeeignet, oder benimmt sie sich trotz ihrer Fähigkeit wie ein Diktator, verliert sie rasch das Geschenk des Vertrauens der Angestellten.
Klassisches Führen, also lediglich sagen, wo es langgeht, ist nicht genug. Wir brauchen Persönlichkeiten, die sich mit Reflexion und Einfühlungsvermögen dem Prinzip der Leitung verschrieben haben und die spüren, dass Macht immer mit der Annahme einer ebenso großen Verantwortung verbunden sein muss.
Wozu lohnt es sich so sehr, die eigene Lebenszeit sowie die des Umfelds ausschließlich für die Ausführung wesentlicher Handlungen zu nutzen? Weil unser Leben endlich ist. Doch zu erkennen, welche Tätigkeiten wesentlich sind, und welche nicht, kann schwierig sein.
Meist wollen wir gar nicht sehen, wie sehr wir unser Leben – und zum Teil das unserer Liebsten – mit Beschäftigungen vollgestopft haben, die uns in den drei Lebensbereichen “Ich und Du/Liebe”, “Beruf und Berufung” sowie “Gemeinschaft/Gemeinsinn” nur einschränken und hemmen. Der Alltag ist voll, doch wir spüren, dass nichts wirklich vorwärts geht. Mit der Zeit erzeugt diese Situation ein starkes Gefühl der Unzufriedenheit.
Auch hier ist eine grundlegende Veränderung nötig. Nachhaltige Entscheidungen, welche langfristig Ruhe und Ausgeglichenheit bringen, erfordern ein Vom-Ende-aus-Denken. Und dazu muss der jetzige Stand der Dinge in Frage gestellt werden. Sind Sie bereit?